OLG Naumburg urteilt: Widerrufsbelehrung durch Immobilienscout24 ungenügend
Widerruf eines Maklervertrags nach Ablauf der 14-tägigen Widerrufsfrist wegen fehlerhafter Belehrung
Ein Makler hatte dem Käufer eine Immobilie zum Kauf nachgewiesen, welcher dieser auch erworben hat. Nunmehr weigert sich der Käufer oder ggfs. auch Verkäufer, die vereinbarte Maklerprovision zu bezahlen.
Hat der Makler den Vertragspartner gar nicht oder fehlerhaft über dessen Widerrufsrecht belehrt, gilt für den Widerruf nicht die 14-Tagesfrist gem. § 355 (2) BGB sondern der Vertragspartner kann den Maklervertrag gem. § 356 (3) BGB 12 Monate und 14 Tage ab Vertragsschluss widerrufen mit der Folge, dass dem Makler kein Vergütungsanspruch zusteht, selbst wenn es durch seine Tätigkeit zum Verkauf der Immobilie gekommen ist.
Da im Erfolgsfall die Vermittlung einer Immobilie zwischen 6 -8 Monaten dauert, kann der Vertragspartner (Käufer/Verkäufer) faktisch die Dienste des Maklers unentgeltlich in Anspruch nehmen und erst im Erfolgsfall nach Abschluss des notariellen Kaufvertrags den Maklervertrag widerrufen und so die regelmäßig recht erheblichen Provisionsforderungen des Maklers erfolgreich abwehren.
Stimmt der Verbraucher nicht ausdrücklich dem Tätigkeitsbeginn des Maklers vor Ablauf der Widerrufsfrist zu und bestätigt seine Kenntnis, dass er sein Widerrufsrecht bei vollständiger Vertragserfüllung verlieren wird, erlischt das Widerrufsrecht selbst dann nicht nach § 356 (4), Satz 1 BGB, wenn der Makler seine Leistung vollständig erbracht hat und der die Vergütung auslösende Erfolgsfall, nämlich Kauf der Immobilie aufgrund seines Nachweise, eingetreten ist.
Klar sind die Fälle, wo gar keine Widerrufsbelehrung erfolgt ist, schwieriger sind die Fälle, in denen eine solche Belehrung zwar erfolgt aber fehlerhaft ist.
Ein ganz prominentes und aufgrund seiner Verbreitung wirtschaftlich relevantes Beispiel einer fehlerhaften Widerrufsbelehrung ist jene, welche direkt von Immobilienscout 24 per Email an Kaufinteressenten im auftrag des Maklers gesendet wird.
Wir haben diesen Fall vor Gericht gebracht und das OLG Naumburg hatte in zweiter Instanz zu entscheiden, ob die in der jedem Interessenten zur Bestätigung seiner Objektanfrage automatisch von Immobilienscout24 übersandten Email enthaltene Widerrufsbelehrung den Anforderungen des § 356 (3) BGB entspricht oder die Belehrung ungenügend war und demzufolge die verlängerte Widerrufsfrist von 12 Monaten und 14 Tagen gilt.
Der 7. Senat des OLG Naumburg OLG (Urteil v. 1.6.18, AZ.: 7 U 13/18) hält die in der Bestätigungsemail enthaltene Widerrufsbelehrung für ungenügend. In der Email sei nirgendwo kundgetan, dass die Belehrung durch oder für den Makler abgegeben wurde, sondern vielmehr besteht der Eindruck, dass alle darin enthaltenen Angaben und Erklärungen vom Absender, also der Immobilienscout GmbH selbst stammen, zumal die Grußformel „Ihr Immobilienscout24-Team“ und die Angabe des Impressums unmittelbar vor der danach folgenden Widerrufsbelehrung stehen. Für einen normal Informierten, angemessen aufmerksamen und verständigen Verbraucher ist es nicht hinreichend transparent, dass es sich dabei gerade um eine Widerrufsbelehrung zum noch abzuschließenden Maklervertrag handeln solle, sondern aus dessen Sicht kann es sich genauso um eine Widerrufsbelehrung zu etwaigen anderen Verträgen handeln. Damit seien die formalen Anforderungen des Art 246 a § 4 (3) Satz 2 EGBGB für die Erfüllung der Informationspflichten nicht erfüllt.
Die Verletzung der Informationspflicht durch den Makler ist auch für die Ausübung des Widerrufsrechts von Bedeutung (Palandt/Grüneberg, BGB, 77.A. 2018, Einf. v. § 238 Rnr. 5). Die Widerruflichkeit der auf den Abschluss eines Maklervertrags gerichteten Willenserklärung drängt sich für einen Verbraucher nach Erhalt der von Immobilienscout versandten automatisierten Email mit der darin enthaltenen Widerrufsbelehrung nicht auf.
Das Widerrufsrecht erlischt demnach erst mit Ablauf von 12 Monaten und 14 Tagen nach Vertragsschluss, soweit der Verbraucher nicht ausdrücklich dem Tätigkeitsbeginn des Maklers vor Ablauf der Widerrufsfrist zustimmt und seine Kenntnis bestätigt hat, dass er sein Widerrufsrecht bei vollständiger Vertragserfüllung verlieren wird. Es erlischt selbst dann nicht nach § 356 (4), Satz 1 BGB, wenn der Makler seine Leistung vollständig erbracht hat und der die Vergütung auslösende Erfolgsfall, nämlich Kauf der Immobilie aufgrund seines Nachweise, eingetreten ist.
Diese Entscheidung hat erhebliche wirtschaftliche Relevanz, weil viele Makler sich auf diese vom Immobilienportal „Immobilienscout“ angebotene Widerrufsbelehrung verlassen und eine große Anzahl von Maklerverträgen noch widerrufen werden können, obwohl der Makler seine Leistung vollständig erbracht hat und der die Vergütung auslösende Erfolgsfall eingetreten ist.
Betroffene Immobilienmakler sollten dafür Sorge tragen, dass zukünftig klar erkennbar ist, dass die Widerrufsbelehrung von ihnen stammt oder zumindest für sie erklärt wurde. Weiter sollten sie in allen Fällen, wo der Erfolgsfall noch nicht eingetreten ist, ihre Kunden nochmals über die Widerrufsmöglichkeit ordnungsgemäß belehren.
Berufen sich Kunden wie im vorliegend entschiedenen Fall auf die längere Widerrufsfrist, sollten die betroffenen Makler prüfen, ob sie die Immobilien Scout GmbH in Regress nehmen können.
Private Kunden können, auch wenn der Erfolgsfall bereits eingetreten ist und sie die Vergütung schon bezahlt haben, den Maklervertrag innert 12 Monate und 14 Tage nach Vertragsschluss widerrufen und etwaige bereits gezahlten Provisionen zurück verlangen.
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