Nahe Familienangehörige haften weder als Bürgen noch Mitdarlehensnehmer für Kredite, wenn sie finanziell krass überfordert waren und kein unmittelbares Eigeninteresse an der Kreditgewährung hatten.
Der Bundesgerichtshof (AZ.: XI ZR 32/16) stellt in konsequenter Fortsetzung seiner Rechtsprechung zur Inanspruchnahme von nahen Familienangehörigen als Bürgen (BGH WM 1999, 1556 ff.) nunmehr klar, dass diese auch für eine Inanspruchnahme einer als Mitdarlehensnehmer bezeichneten Person gilt, wenn diese kein unmittelbares Eigeninteresse an der Kreditgewährung hat (vgl. BGH WM 2003, 1563, 1565) und nicht gleichberechtigt über die Auszahlung bzw. Verwendung der Darlehensvaluta mitentscheiden darf.
Ist der Mitverpflichtete, egal ob Bürge oder als Mitdarlehensnehmer bezeichnet, mit der Leistung des Kapitaldiensts finanziell krass überfordert und kann nach allgemeiner Lebenserfahrung davon ausgegangen werden, dass er die Haftung nur übernommen hat, weil er dem Hauptschuldner persönlich besonders nahe steht, wie dies bspw. im Verhältnis von Ehegatten der Fall ist, besteht ohne Hinzutreten weiterer Umstände die Vermutung, dass dies vom Kreditgeber in sittlich anstößiger Weise ausgenutzt wurde und demzufolge die Mithaftungserklärung gem. § 138 BGB nichtig ist.
Anderweitige Sicherheiten sind im Rahmen der Wirksamkeitsprüfung finanziell übermäßig belastender Bürgschaften und Mithaftungserklärungen nur zu berücksichtigen, wenn sie das Haftungsrisiko des Betroffenen in rechtlich gesicherter Weise auf ein vertretbares Maß beschränken, also den finanziell krass überforderten Bürgen oder Mithaftenden unter Berücksichtigung weiterer Sicherheiten allenfalls eine seine finanzielle Leistungsfähigkeit nicht übersteigende und damit von § 138 Abs. 1 BGB nicht erfasste „Ausfallhaftung“ trifft.
Will ein Familienangehöriger des Hauptschuldners erfolgreich die Forderungen der Bank abwehren, muss dargetan werden, dass er
- im Zeitpunkt der Übernahme der Mithaftung finanziell krass überfordert war und dies für die Bank erkennbar war,
- kein unmittelbares Eigeninteresse an der Kreditaufnahme hatte, ihm insbesondere nicht Teile der Darlehensvaluta unmittelbar zuflossen oder für seine Zwecke verwandt wurden.
Dann ist die Mithaftung i.d.R. sittenwidrig und nichtig; die Bank kann keine Ansprüche gegen den Betroffenen geltend machen.
Hatte der Betroffene hingegen ein unmittelbares Eigeninteresse, bspw. weil das Darlehen zur Finanzierung einer Immobilie im Miteigentum vom Hauptschuldner und ihm aufgenommen wurde, ist die Mithaftungserklärung nicht sittenwidrig.
Wie kann man denn nachweisen, dass er der Forderung von Anbeginn nicht nachkommen konnte? Eine Kollegin hat sich einige Immobilienkredite angelacht, um sich die Wohnung kaufen zu können, die sie wollte. Allerdings bürgen hier auch die Eltern.